Was ist entschieden worden?
Der Bundesgerichtshof hat mit Urteil vom 19.01.2023 (VII ZR 34/20) entschieden, dass § 4 Nr. 7 Satz 3 VOB/B (2002) ebenso wie die hierauf rückbezogene Bestimmung in § 8 Nr. 3 Abs. 1 Satz 1 Var. 1 VOB/B (2002) bei Verwendung durch den Auftraggeber der AGB-Inhaltskontrolle nicht standhält. Sie benachteiligt den Auftragnehmer unangemessen im Sinne von § 307 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 Nr. 1 BGB und ist daher unwirksam. Die Entscheidungsgründe des BGH sind auf die geltenden Kündigungsregelungen der VOB/B übertragbar, da diese seither lediglich redaktionell geändert wurden.
Warum?
Nach dem Grundsatz der Auslegung zu Lasten des Verwenders nach § 305c Abs. 2 BGB ist für § 4 Nr. 7 Satz 3 i.V.m. § 8 Nr. 3 Abs. 1 Satz 1 Var. 1 VOB/B (2002) von einem Klauselverständnis auszugehen, wonach bei ganz geringfügigen und unbedeutenden Vertragswidrigkeiten oder Mängeln die Kündigung aus wichtigem Grund eröffnet ist. Die Regelung differenziert nicht nach der Ursache, der Art, dem Umfang, der Schwere oder den Auswirkungen der Vertragswidrigkeit oder des Mangels. Selbst unwesentliche Mängel, die den Auftraggeber nach § 640 Abs. 1 Satz 2 BGB nicht zur Verweigerung der Abnahme berechtigen würden, können zur Kündigung aus wichtigem Grund führen. So auch im entschiedenen Fall, bei dem die Nichtbeseitigung eines Mangels mit
Mangelbeseitigungskosten von 6.000 € für die Kündigung eines Vertrags über mehrere Millionen Euro hergenommen werden sollte. Alles in allem bewegt sich also das Kündigungsrecht in § 4 Abs. 7 VOB/B deutlich unterhalb der Schwelle des § 314 BGB analog bzw. jetzt § 648a BGB; es weicht damit zu Lasten des Auftragnehmers vom gesetzlichen Leitbild des § 314 BGB als Vorläufer von § 648a BGB ab
Was passiert mit auf § 4 Abs. 7 VOB/B gestützte Kündigungen?
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